Warum Kulturarbeit im Dorf wichtig ist

Zeitgenössische Kunst bezieht Stellung zu aktuellen Themen, nicht immer explizit, manchmal mit Ironie, die auch nicht immer verstanden werden muss.
Zeitgenössische Kunst richtet sich direkt an die Gesellschaft, sie trägt dazu bei Positionen zu hinterfragen, zu reflektieren, gesellschaftliche Entwicklungen voranzutreiben. Zeitgenössische Kunst, zumindest so wie ich sie verstehe, ist Kunst, die sich nicht in elitären Kreisen, in abgelegenen Tempeln, abspielt, sondern direkt im Leben verankert ist. Die sich nicht nur an potenziell jede und jeden richtet, sondern auch von jeder oder jedem gemacht werden kann.

Eröffnungsrede zu 20 Jahre KI

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Freundinnen, liebe VertreterInnen der Politik und nicht zuletzt liebe Mitglieder und MitstreiterInnen des Kulturvereins Inzing!

20 Jahre Verein für Kultur Inzing. 20 Jahre sind für eine Kulturinitiative eine lange Zeit, aber gemessen an einem Menschenleben stehen wir gerade am Anfang eines jungen Erwachsenenalters. Diese Ambivalenz spiegelt sich im Eierlikör, den ich für euch gebraut habe. Eierlikör hat etwas anachronistisches, wird assoziiert mit alten Damen, Kaffeekränzchen, Weihnachten. Aber im Brechen von Konventionen, dass wir diesen Eierlikör in einen anderen Kontext betten, liegt auch jugendlicher Schalk.

Das Brechen von Konventionen ist eine der Möglichkeiten, derer sich zeitgenössische Kultur bedient, um sich auszudrücken.

Ich muss euch an dieser Stelle warnen, diese Rede wird politisch. Nicht parteipolitisch, sondern politisch, weil zeitgenössische Kunst Stellung bezieht. Zeitgenössische Kunst bezieht Stellung zu aktuellen Themen, nicht immer explizit, manchmal mit Ironie, die auch nicht immer verstanden werden muss (ich darf da an die Klobalisierungsfalle erinnern).

Zeitgenössische Kunst richtet sich direkt an die Gesellschaft, sie trägt dazu bei Positionen zu hinterfragen, zu reflektieren, gesellschaftliche Entwicklungen voranzutreiben. Zeitgenössische Kunst, zumindest so wie ich sie verstehe, ist Kunst, die sich nicht in elitären Kreisen, in abgelegenen Tempeln, abspielt, sondern direkt im Leben verankert ist. Die sich nicht nur an potenziell jede und jeden richtet, sondern auch von jeder oder jedem gemacht werden kann. Und da brauch ich jetzt gar nicht an Radio Enterbach erinnern.

Zeitgenössische Kunst ist auch Experimentierfeld, bietet Freiräume für persönliche Entfaltung an und kann für Jugendliche und junge Erwachsene ebenso wie für ältere Menschen sinngebend sein, kann hilfreich sein über sich selbst zu reflektieren und im Ausprobieren neue Erkenntnisse über sich und die Welt zu gewinnen.

Aber zeitgenössische Kunst/Kultur muss auch Platz und Anerkennung finden, um sich entfalten zu können. Sowohl Platz und Anerkennung in der Gesellschaft als auch einen konkreten Raum. Welche kreativen, schöpferischen Möglichkeiten sich ergeben, wenn man Raum hat, zeigt sich z.B. an der Kulturbackstube „Die Bäckerei“ in der Dreiheiligenstraße in Innsbruck. Ein kurzer Auszug aus deren Programm: Konzert, Dunkelkammerworkshop, eine offene Kreativwerkstatt, eine Ausstellung, Familientanzstube, Yoga, Radwerkstätte, philosophisches Cafe, ein Workshop „Modular Music Academy“, der Coworkingspace, also temporäre Arbeitsplätze, all das findet kommende Woche in der Bäckerei statt.

Das folgende mag jetzt großkotzig klingen, aber ich habe eine Vision. Ich habe die Vision, dass in nicht allzu ferner Zukunft das Wegmacherhaus ein solch vielfältiger Ort sein wird. Ein Ort des Ausprobierens, des Vernetzens, des Miteinanders, ein Möglichkeitsort, wie es im Rohkonzept für das Wegmacherhaus formuliert war. Ich bin überzeugt, dass eine Gesellschaft solche Möglichkeitsorte braucht, um sich weiterzuentwickeln. Sie bieten die Chance, dass Menschen in der aktiven wie passiven Auseinandersetzung zu mündigen und kritischen Bürgern und Bürgerinnen werden können. Eine Gesellschaft braucht solche Möglichkeitsorte aber nicht nur zentral in der Landeshauptstadt, sondern auch und vor allem direkt vor Ort. Weil hier leben wir, hier lieben wir, hier sind unsere Freunde und Freundinnen, hier mischen wir uns ein und hier wollen wir nicht nur schlafen!

Und hier wollen wir uns auch ausdrücken! Dieser letzte Gedanke stand am Anfang unserer Überlegungen zum 20-jährigen Jubiläum des Kulturvereins. Interner Arbeitstitel war: „Werkschau der Vereinsmitglieder“. Einmal das eigene kreative Schaffen in den Vordergrund rücken.

Ergebnisse davon seht ihr hier in der Ausstellung, zu der Philipp Umek später noch ein paar Worte sagen wird.[…]

Bevor ich jetzt das Wort an Armin Saxl weitergebe, dem Obmann des Kulturausschusses der Gemeinde Inzing, möchte ich mich noch bedanken.

Zuallererst richtet sich mein Dank an die Mitglieder des Kulturvereins. Ohne euer Engagement und eure Arbeit ginge gar nichts. Und auch wenn wir wenige sind, gemeinsam sind wir stark!

Gleich anschließend möchte ich den Altvorderen danken, die den Verein aufgebaut haben und auf eine solide Basis gestellt haben.

Mein Dank geht auch an die Gemeinde und den Bürgermeister, die immer unterstützend sind. Und zu guter letzt, möchte ich Armin Saxl danken, für die Unterstützung unserer Anliegen und sein großartiges Engagement für die Kultur in Inzing und dass er jetzt gleich das Wort übernimmt, nachdem ich euch geschätztes Publikum für eure Aufmerksamkeit gedankt habe. Danke und in diesem Sinne: wir sehen uns dann auf ein Eierlikörchen.

 

Michael Haupt

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